Passionsandacht 10.03.2021

… mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Mk 15,34)

So ruft es Jesus am Kreuz, kurz vor seinem Tod.

Jesus stellt die Warum-Frage. Die Frage nach dem „warum“ kommt uns sehr oft in den Sinn und wir sprechen sie auch oft aus, obwohl wir wissen, dass wir kaum eine befriedigende Antwort finden werden. Jesus stellt die Warum-Frage in einer ganz ursprünglichen Form. Er fragt nicht: „Warum musste das genauso passieren?“ Oder: „Warum muss ausgerechnet ich hier leiden?“ Jesus bringt es am Tiefpunkt auf den Punkt: „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ Jesus verlassen am Kreuz nicht nur seine Kräfte und er fühlt sich nicht nur von seinen engsten Freunden verlassen. Jesus fühlt sich von Gott verlassen.

Dieses Gefühl kennen wir auch. Wir sehen und wissen es vielleicht aus dem eigenen Leben: Es gibt Erfahrungen der Nähe und der Ferne Gottes. Und es ist für unseren Glauben sehr bedeutsam, dass Jesus selbst auch diese beiden Erfahrungen gemacht hat. Aber Jesus wendet sich nicht von Gott ab.

 

Sondern er ruft weiter: „Gott, warum?“ In der Tiefe dieses „warum“ steckt mehr, als wir meinen. Solange wir noch „warum“ sagen, solange sprechen wir noch den Gottesnamen aus.

„Mein Gott, warum…“

Der Eindruck nach Gottverlassenheit mag entstehen. Nicht nur bei Jesus. Es kann auch sein, dass wir den Eindruck bekommen, dass Gott sich aus unserem Leben einfach herausgeschlichen hat und nicht mehr zu greifen ist. Aber solange wir die Warum-Frage stellen, brennt in uns selbst noch ein Funke unseres Glaubens, unseres Sehnsucht und unserer Suche nach Gott. Zu spüren, dass Gott fehlt und nach ihm zu fragen mit einem lautstarken „warum?“, das ist vielleicht schon ein erster Glaubensakt. Daran festzuhalten, dass er in gewissen Situationen spürbar fehlt. Und zu glauben, dass er mich auch noch in meiner Gottverlassenheit hält.

Amen